Die europäische Automobilindustrie steht vor einem historischen Wendepunkt. Elektromobilität, Digitalisierung und geopolitische Verschiebungen verändern die Spielregeln. Im Gespräch mit Prof. Zheng Han (Tongji-Universität, Shanghai) und Prof. Andreas Herrmann (Universität St. Gallen) diskutieren wir, wie sich europäische und chinesische Hersteller aufstellen, welche Rolle Europa künftig spielen kann – und was die Branche von China lernen sollte. Ein zentrales Thema: Geschwindigkeit. Während europäische Hersteller auf Perfektion setzen, dominieren in China kurze Entwicklungszyklen und schnelle Markteinführung.
Es wäre jedoch verfrüht, Europa als abgehängt zu bezeichnen, meint China-Kenner Han. Chinesische Hersteller profitieren insbesondere in ihrem Heimatmarkt von einer strategischen Industriepolitik. Das nächste Ziel sei es, auch international erfolgreich zu werden. In Europa finden chinesische Hersteller jedoch nicht die gleichen Bedingungen, die ihren Erfolg im Heimatmarkt begünstigt haben. Der Sankt Gallener Leiter des Instituts für Mobilität Herrmann sagt, in Europa gebe es bei Schlüsseltechnologien zwar Know-how, aber keine kritische Masse. Europäische Anbieter seien gegenüber globalen Tech-Giganten nicht konkurrenzfähig.