Die Effizienzlücke

Warum Bürojobs ins Hintertreffen geraten

Frau am Arbeitsplatz gestresst Effizienz Porsche Consulting

Die Effizienzlücke

Warum Bürojobs ins Hintertreffen geraten

 

Im Jahr 2025 ist Effizienz nicht nur ein Prozessthema, sondern steht in den Vorstandsetagen weltweit ganz oben auf der Agenda. Eine neue Umfrage von Porsche Consulting bestätigt dies: Effizienzbezogene Themen dominieren inzwischen die Strategiediskussionen in den Unternehmen. Die am häufigsten genannten Prioritäten – Digitalisierung, Prozessoptimierung, Kostensenkung und künstliche Intelligenz – laufen alle auf ein einziges Ziel hinaus: mit weniger mehr zu erreichen, und zwar auf eine smartere Art und Weise.

Top Transformationsthemen von Unternehmen
Digitalisierung und Automatisierung sind die mit Abstand wichtigsten strategischen Prioritäten von Großunternehmen im deutschsprachigen Raum in Europa.
Top Transformationsthemen von Unternehmen
Digitalisierung und Automatisierung sind die mit Abstand wichtigsten strategischen Prioritäten von Großunternehmen im deutschsprachigen Raum in Europa.

Der Fokus auf Effizienz ist nicht nur zeitgemäß, sondern geradezu unerlässlich. Zahlreiche Unternehmen verfehlen ihre finanziellen Ziele, und wichtige strategische Initiativen stocken in der Umsetzung. Der sich verschärfende globale Wettbewerb und die anhaltenden geopolitischen Unwägbarkeiten machen das Umsatzwachstum weniger vorhersehbar. In diesem Umfeld ist Effizienz keine reine Option – sie ist absolut entscheidend für eine nachhaltige Rentabilität und strategische Agilität.

Trotz des technologischen Fortschritts ist das Effizienzniveau in sämtlichen Branchen in den vergangenen Jahrzehnten gesunken. Ein Blick auf die Wertschöpfung pro Mitarbeitendem – eine wichtige Effizienzkennzahl – verdeutlicht diesen Abwärtstrend. In Deutschland hat sich das Wachstum der Arbeitsproduktivität von über zwei Prozent pro Jahr in den 1990er-Jahren auf nur noch 0,6 Prozent in den letzten Jahren verlangsamt. In den USA und in Europa konzentrieren sich die Effizienzsteigerungen der Unternehmen nach wie vor auf die Automatisierung von Fabriken und die Verbesserung betrieblicher Abläufe, während die Produktivität im indirekten Bereich, also in den Bürojobs, stagniert oder sogar zurückgegangen ist.

Das Problem besteht nicht darin, dass die Unternehmen sich nicht um Effizienz bemüht hätten. Vielmehr waren ihre Bemühungen ungleich verteilt. Während in den Bereichen Produktion und Logistik messbare Verbesserungen erzielt wurden, arbeiten zentrale Unternehmensfunktionen, Dienstleistungsbereiche und Bereiche mit wissensintensiven Tätigkeiten, in denen ein zunehmender Anteil des wirtschaftlichen Wertes geschaffen wird, nach wie vor suboptimal. Warum tun sich Unternehmen derart schwer, Effizienzsteigerungen auf breiter Basis zu erzielen? Die Antwort liegt in fünf Hindernissen, die in allen Branchen tief verwurzelt sind.

Hürden auf dem Weg zur Effizienz
Bürokratie, nicht durchgesetzte Prozesse, ein Übermaß an digitalen Werkzeugen, endlose Besprechungen und mangelnde Eigenverantwortung sind die Hauptursachen für Ineffizienz in Bürojobs.
Hürden auf dem Weg zur Effizienz
Bürokratie, nicht durchgesetzte Prozesse, ein Übermaß an digitalen Werkzeugen, endlose Besprechungen und mangelnde Eigenverantwortung sind die Hauptursachen für Ineffizienz in Bürojobs.

Bürokratie: Komplexität drosselt Geschwindigkeit

Wenn Unternehmen wachsen, führen sie Entscheidungsebenen, redundante Genehmigungsketten und fragmentierte Governance-Strukturen ein, die allesamt die Ausführung verlangsamen. Führungskräfte glauben oft, dass diese Mechanismen ihnen Kontrolle gewährleisten – dabei untergraben sie häufig Geschwindigkeit, Klarheit und Verantwortlichkeit. Ein multinationales Finanzdienstleistungsunternehmen benötigte beispielsweise zwölf verschiedene Bestätigungen, um einen Onboarding-Prozess für neue Kunden zu genehmigen, was zu übermäßigen Verzögerungen und einer sinkenden Gewinnrate führte.

 

Nicht durchgesetzte Prozesse: Plan versus Realität

Viele Unternehmen verfügen auf dem Papier über gut strukturierte Prozesse. In der Realität jedoch werden diese von den Mitarbeitenden häufig umgangen, angepasst oder missachtet. Anstatt optimierten Arbeitsabläufen zu folgen, verlassen sich die Teams auf Behelfslösungen, isolierte Entscheidungsfindung und veraltete Methoden, was zu operativen Reibungsverlusten führt. So investierte ein europäisches Versicherungsunternehmen in ein automatisiertes Schadensbearbeitungssystem, um die Bearbeitungszeit zu verkürzen und den Kundenservice zu verbessern. Aufgrund der uneinheitlichen Nutzung des Systems und des Rückgriffs auf veraltete manuelle Arbeitsabläufe erfolgte die Bearbeitung jedoch bei fast der Hälfte der Schadensfälle weiterhin manuell. Die erwarteten Effizienzgewinne blieben aus.

 

Digitale Überlastung: mehr Tools, weniger Produktivität

Paradoxerweise hat die rasche Verbreitung digitaler Tools die Arbeit nicht einfacher, sondern komplexer gemacht. Mitarbeitende verbringen immer mehr Zeit damit, zwischen E-Mail, Chats, virtuellen Gruppen, Customer Relationship Management-Tools und Wissensportalen zu wechseln. Das Auffinden der richtigen Informationen oder die Abstimmung mit Kollegen gestaltet sich somit langwieriger. Ein europäisches Versicherungsunternehmen setzte beispielsweise fünf überlappende Kollaborationsplattformen ein. Anstatt die Effizienz zu steigern, führte dies zu einem ständigen Wechsel der Umgebung, falsch abgestimmten Arbeitsabläufen und einem 30-prozentigen Anstieg des Zeitaufwands für die interne Koordination.

 

Endlose Sitzungen: Zeit als knappste Ressource

Besprechungen sind zu einem der am meisten unterschätzten Effizienzkiller in modernen Unternehmen geworden. Sowohl Führungskräfte als auch Mitarbeitende verbringen übermäßig viel Zeit mit Diskussionen, Status-Updates und Abstimmungsgesprächen, oftmals mit unklaren Zielen, redundanten Teilnehmern oder ohne greifbare Ergebnisse. Diese Besprechungskultur zehrt nicht nur an der Produktivität, sondern verkürzt auch die Zeit, in der man sich auf wichtige Aufgaben konzentrieren kann. Ein weltweit tätiges Konsumgüterunternehmen stellte fest, dass Führungskräfte der mittleren Ebene mehr als 60 Prozent ihrer Arbeitszeit in Meetings verbringen, von denen viele weder eine klare Agenda noch Entscheidungsbefugnisse hatten. Durch eine straffere Strukturierung der Meetings, die Reduzierung der Anzahl von Teilnehmenden und die Durchsetzung eines strikt ergebnisorientierten Ansatzes konnten 20 Prozent der Arbeitszeit eingespart werden, wodurch sich die Geschwindigkeit bei der Strategie- und Projektumsetzung erheblich verbesserte.

 

Fehlende Eigenverantwortung: verstecktes Hindernis für den Wandel

Das vielleicht grundlegendste Hindernis ist ein Mangel an individueller Verantwortlichkeit. Viele Mitarbeitende fühlen sich nicht in der Lage, Veränderungen voranzutreiben, da sie glauben, dass Ineffizienzen systembedingt sind und sich ihrem Einfluss entziehen. Anstatt Engpässe proaktiv anzugehen, arbeiten die Teams in der Regel um sie herum, was zu zusätzlichen Reibungsverlusten und vergeudeten Anstrengungen führt. In einem multinationalen Technologieunternehmen beispielsweise wiesen die Teams routinemäßig auf Ineffizienzen in den abteilungsübergreifenden Arbeitsabläufen hin. Doch ohne klare Verantwortlichkeiten oder Unterstützung durch die Geschäftsführung wurden diese Erkenntnisse nie in die Tat umgesetzt. Als die Unternehmensleitung die Verantwortlichkeiten neu strukturierte und bestimmte Personen mit der Durchführung von Effizienzinitiativen beauftragte, nahmen die Umsetzungsgeschwindigkeit und das Engagement signifikant zu.

Effizienz steigern? Wir wissen wie.

Wie Führungskräfte Effizienz in großem Maßstab steigern können

Der Fehler, den viele Unternehmen begehen, besteht darin, dass sie diese Probleme isoliert angehen – mit Kulturinitiativen der Personalabteilung, Umstrukturierungen durch die Strategieteams oder der Einführung neuer Technologien durch die IT-Abteilung. Echte Effizienzgewinne erfordern jedoch einen grundlegend anderen Ansatz. Zuallererst ist eine teamorientierte Sichtweise erforderlich. Die Effizienz wird nicht durch umfassende, unternehmensweite Vorgaben verbessert. Stattdessen müssen sich Unternehmen von Team zu Team vorarbeiten und herausfinden, wie Wertschöpfung in den einzelnen Bereichen entsteht. Dann können sie gezielt jene Arbeitsabläufe optimieren, die tatsächlich zur Steigerung der Effizienz beitragen.

Zweitens müssen die Mitarbeitenden ein klares Verständnis davon haben, wie Effizienz aussieht, wo zum jeweiligen Zeitpunkt Reibungsverluste bestehen und was sich ändern muss – sei es bei der Einhaltung von Prozessen, der Zusammenarbeit oder der Einführung von Technologien. Zudem sollten die Teams in die Lage versetzt werden, konkrete Maßnahmen zu ergreifen. Leistungsstarke Unternehmen verlassen sich diesbezüglich nicht auf abstrakte Prinzipien. Sie setzen hierzu eine Effizienz-Toolbox auf Teamebene ein, die klare, praktische Methoden zur Beseitigung von Ineffizienzen und zur Optimierung von Arbeitsabläufen bietet.

Die Fähigkeit zur Verbesserung sollte auf allen Ebenen gestärkt werden. Der Wandel zu mehr Effizienz gelingt dann, wenn Unternehmen in drei Schlüsselrollen investieren: Die Führungskräfte geben die Richtung vor und beseitigen Hindernisse für die Transformation. Die Teamleiter sollten ihre Teams bei der strukturierten Verbesserung der Effizienz coachen. Effizienz-Champions innerhalb der Teams können die Umsetzung vorantreiben und als vertrauenswürdige Berater der Führung fungieren. Und nicht zuletzt müssen Unternehmen die Effizienz in KPIs und Anreizen verankern: Nur was messbar ist, wird auch umgesetzt. Effizienz sollte dazu in Leistungssystemen fest verankert werden. Ferner ist die Überprüfung der Ergebnisse in Bereichen wie Prozessdurchlaufzeiten, Digitalisierungsgrad und Wertschöpfung pro Mitarbeiter erforderlich.

 

Win-Win-Situation für Unternehmen und Arbeitnehmer

All dies ist nicht einfach. Die gute Nachricht? Effizienzsteigerungen von 10 bis 20 Prozent sind innerhalb von nur drei Monaten möglich – allerdings nur, wenn Unternehmen die Herausforderung mit Dringlichkeit und Konsequenz angehen. Die erfolgreichsten Unternehmen haben erkannt, dass es bei Effizienz nicht darum geht, härter, sondern intelligenter zu arbeiten. Für Unternehmen bedeutet dies niedrigere Kosten, eine schnellere Ausführung und die Möglichkeit, wieder in Wachstum zu investieren. Durch systematische Komplexitätsreduktion, die Rationalisierung von Prozessen, die Optimierung der digitalen Zusammenarbeit und die Förderung echter Eigenverantwortung können Unternehmen nicht nur ihre Profitabilität bewahren, sondern auch ihre strategische Agenda wieder in Schwung bringen.

Für die Mitarbeitenden bringt dieser Wandel greifbare Vorteile mit sich: geringerer Verwaltungsaufwand, weniger Ineffizienzen und mehr Zeit für sinnvolle, wertschöpfende Arbeit. Wenn die Einzelnen die direkten Auswirkungen ihrer Bemühungen erkennen, unnötige Aufgaben eliminieren und Erfolgserlebnisse haben, nehmen Engagement und Motivation zu. In einer solch leistungsstarken Umgebung arbeiten die Mitarbeitenden nicht nur effizienter, sondern auch mit mehr Sinn und Zufriedenheit.

Effizienz, wenn richtig umgesetzt, ist ein Gewinn für beide Seiten: Einerseits können Unternehmen Kosten senken und das Wachstum beschleunigen, während sich die Mitarbeitenden besser auf ihre Arbeit konzentrieren und mit weniger Frustration bessere Ergebnisse erzielen können. Die Chance liegt auf der Hand. Die eigentliche Frage lautet: Wer wird die Führung übernehmen?

 

Die wichtigsten Erkenntnisse

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Das Effizienzniveau ist branchenübergreifend gesunken – vor allem in zentralen Unternehmensfunktionen, im Dienstleistungsbereich und bei wissensintensiven Tätigkeiten.
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Bürokratie, nicht durchgesetzte Prozesse, ein Übermaß an digitalen Werkzeugen, endlose Besprechungen und mangelnde Eigenverantwortung sind die Hauptursachen für Ineffizienz in Bürojobs.
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Mit einem strukturierten und ganzheitlichen Ansatz können Unternehmen innerhalb von nur drei Monaten Effizienzsteigerungen von 10 bis 20 Prozent erzielen.

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Pschemyslaw Pustelniak, Senior Partner Strategie & Organisation Porsche Consulting
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