Aktives Qualitätsmanagement ist eine Schlüsseldisziplin im Kostenwettbewerb
Die industrielle Batteriezellproduktion erfordert nicht nur ein hohes Prozessverständnis, sondern ist auch stark geprägt durch einen hohen Kostendruck des Wettbewerbs. Seit 2020 sind die Zellkosten aufgrund von technologischen Fortschritten, Skaleneffekten und verbesserter Produktionseffizienz um rund 50 Prozent gesunken. Eine typische Zelle für ein batterieelektrisches Fahrzeug steht aktuell bei ca. 81 Euro pro Kilowattstunde (kWh) Zellkosten, davon sind ca. 70 Prozent Materialkosten und 30 Prozent Fertigungskosten.3
Der größte Kostentreiber der Fertigungskosten ist dabei neben Energie- und Personalkosten der Ausschuss. In einer typischen Gigafabrik mit 50 Gigawattstunden (GWh) Produktionskapazität ergeben sich über zehn Jahre Betrieb kumulierte Kosten von über 3,75 Milliarden Euro.3; 4
Für europäische Hersteller ergibt sich ein enormes Potenzial zur Kosteneinsparung durch systematische Verbesserung der Qualität in der Zellfertigung. Der Fokus richtet sich daher auf den frühzeitigen Aufbau von Qualitätsmanagementsystemen und auf unmittelbar beeinflussbare Faktoren in der Inline-Fehlerdetektion und präventiven Qualitätsabsicherung.
Zusammenarbeit spart Kosten
Die Fertigung der Zellen verläuft grundsätzlich in den drei übergeordneten Schritten Elektrodenfertigung, Zellmontage und Zellfinalisierung. Die Hersteller sehen sich dabei unter anderem mit den folgenden technischen Herausforderungen konfrontiert: Von der Absicherung einer homogenen Mischung der Aktivmaterialien, dem gleichmäßigen Beschichten und Verdichten der Elektrodenbahnen bis hin zu einem möglichst schonenden und präzisen Handling der Zellkomponenten in der Zellassemblierung. Der Herstellprozess erfordert chemische, mechanische und elektrische Prozesskompetenz unter Einhaltung höchster Qualitätsanforderungen.5 Untersuchungen haben gezeigt, dass trotz gemeinsamer Probleme überwiegend individuell an Qualitätslösungen gearbeitet wird.6 Forschungsinitiativen an großen Universitäten und angewandten Forschungseinrichtungen beschäftigen sich mit einigen dieser Probleme auf technisch höchstem Niveau. Ein herstellerübergreifendes Bestreben europäischer Hersteller, Potenziale zur Senkung der Qualitätskosten gemeinsam zu nutzen, ist jedoch nicht erkennbar.
Die Lösung konkreter Qualitätsprobleme oder die technische Überwachung kritischer Parameter bilden mit Blick auf das Einsparungspotenzial einen integralen Wettbewerbsvorteil der Zellhersteller und werden daher verständlicherweise selten geteilt. Dabei sind Lösungsansätze aufgrund der einheitlichen Natur der Probleme durchaus vergleichbar und die Übertragbarkeit ist prinzipiell gegeben. Von der Überwachung klar definierter Parameter während der Mischung der Elektrodenbeschichtung bis hin zur dynamischen Druckregulierung beim Elektrodenwalzprozess: Das Lösungsprinzip ist oft naheliegend, die Herausforderung liegt jedoch in der technischen Umsetzung.
Dabei kann gerade für die Newcomer im Markt der Austausch untereinander über Bildung von Allianzen sowie enge Zusammenarbeit mit den Anlagenzulieferern der Schlüssel zum Erfolg sein. Das Qualitätslabel „Anlagen made in Europe“ sowie die langjährigen Erfahrungen im Qualitätsmanagement in der Zusammenarbeit mit der europäischen Automobilindustrie können als Differenzierung zum asiatischen Markt unterstrichen werden. Dazu sind eine Vielzahl von Sublieferanten für essenzielle Anlagenteile wie etwa optische Messgeräte, in-line-Metrologie für Elektroden, Steuerungen und Fabriksoftware aus Europa und Nordamerika Marktführer in ihrer Disziplin. Sie fungieren auch als Zulieferer für die asiatischen Anlagenbauer und haben wertvolle Erfahrungen mit den führenden Zellherstellern gesammelt. Durch Umsetzung dieser Synergien ließe sich potenziell die Lücke zwischen Newcomer und Marktführer schrittweise schließen – Marktführer haben beispielsweise Ausschusskosten von sieben Euro/kWh produzierter Zelle, während Newcomer zehn Euro/kWh produzierter Zelle für Ausschuss aufwenden.4
Marktpotenzial Feststoffzelle
Eine große Chance bietet die nächste technologische Innovation in Form der Feststoffzelle. Eine Feststoffzelle erreicht eine höhere Energiedichte durch die Verwendung von alternativen Materialien mit hoher Speicherkapazität wie zum Beispiel Silizium oder Lithium-Metall. Die Verwendung eines Feststoffelektrolyten ermöglicht die sichere Verwendung dieser Materialkombinationen. Diese Speichertechnologie könnte den Fertigungsprozess grundlegend verändern. Etwa 40 Prozent der heutigen Fertigungsanlagen und -prozesse lassen sich auch für die Herstellung von Feststoffzellen verwenden. Neue Schritte wie die Verpressung der Elektroden mit dem Festelektrolyten kommen hinzu, während andere Schritte wie die Elektrolytbefüllung entfallen. Feststoffelektrolyte benötigen allerdings einen größeren Anteil der Prozessschritte in kontrollierter Atmosphäre unter Beachtung der technischen Sauberkeit.7; 8
Der Anteil europäischer Zellhersteller am Weltmarkt liegt aktuell bei unter drei Prozent.9 Das Rennen um die Industrialisierung der Feststoffzelle zwischen Asien und dem Westen ist jedoch noch nicht entschieden und bietet die Chance für neue Marktanteile. Die enge Vernetzung von Start-ups, etablierten Zulieferern und angewandter Forschung in Europa – und insbesondere am Standort Deutschland – bietet ideale Voraussetzungen für eine lokale Industrialisierung der Feststoffzelle mit intelligenter Qualitätsarbeit.