Das tiefergehende Problem von „Engineer-to-order“ liegt grundsätzlich nicht in der Reihenfolge der Leistungen, sondern in der Art und Weise, wie diese Leistungen erbracht werden (Grafik 2). In der Praxis beginen Entwicklung und Planung erst mit der Beauftragung des Kunden. Jeder einzelne Auftrag wird folglich als Unikat betrachtet und als solches behandelt.
Meist sind die Anforderungen des Kunden in diesem Prozessstadium nicht mit der Leistungsfähigkeit der gesamten Wertschöpfungskette abgestimmt.
Um die Produktivität nachhaltig zu steigern, muss die gesamte Planung zwischen allen Beteiligten synchronisiert werden. Hierbei muss die Entwicklung des Produkts und der technischen Lösung parallel zum Auftragsabwicklungsprozess, der Entwicklung der Lieferkette und des Bauablaufs erfolgen. Dies kann schnell zu Schnittstellenproblemen, unzureichender Zusammenarbeit, fehlenden Entscheidungen und einem unklaren Prozess führen, was in negativen Auswirkungen für den gesamten Projektverlauf resultiert: Terminverzögerungen, Kostensteigerungen und Qualitätsprobleme.
Die Hauptursache für die häufigen Abweichungen liegt folglich in der Bearbeitung des Projekts als Unikat, bei der alle Bauumfänge von Beginn an neu entwickelt und geplant werden müssen. An dieser Stelle muss ein grundlegendes Umdenken erfolgen. So muss sich der Produktansatz von der „Engineering-to-order“ Abwicklung hin zu einer „Adapt-to-order“-Abwicklung entwickeln: Vorkonzipierte und vorentwickelte Module und Komponenten werden dabei nach den Vorgaben des Kunden an das Projekt adaptiert. Wo bislang keine Standardlösungen existieren, werden sie im vorhandenen Lösungsraum neu geplant oder ergänzt. Die benötigten Module und Komponenten werden „Off-site“ in Fabriken gefertigt und vormontiert, auf die Baustelle geliefert und dort schließlich montiert. Um den steigenden Anforderungen an ökologisches Bauen gerecht zu werden, erfolgt am Ende einer geplanten Nutzung der strukturierte Rückbau und die Wiederverwertung.
„Adapt-to-order“ bietet den überzeugenden Vorteil, dass die Produkte überwiegend aus standardisierten Komponenten, Bauteilen oder sogar ganzen Modulen spezifisch zusammengestellt und errichtet werden. Auf diese Weise wird eine individuelle Lösung für die Anforderungen des Kunden geboten, nicht für die vertragliche Erbringung der Leistung. Die Prozesse der Auftragsabwicklung, der Lieferketten und der Bauabläufe können während des Produktentstehungsprozesses vor der eigentlichen Produkteinführung definiert und aufeinander abgestimmt werden.
Zu dem Zeitpunkt, an dem der Kunde den Auftrag erteilt, sind die wichtigsten Herausforderungen der traditionellen Konstruktion bereits größtenteils berücksichtigt und gelöst. Störungen durch mangelnde Synchronisation, fehlende Materialien und damit verzögerte Bauprozesse werden deutlich reduziert und der Fokus kann auf das Wesentliche gelegt werden: Mehrwert für den Kunden. Das Gebäude wird nicht mehr gebaut, sondern produziert und montiert.
1 https://www.bundesregierung.de/breg-de/suche/wohnungsbau-bundesregierung-2006224
2 https://commonslibrary.parliament.uk/research-briefings/cbp-7671/
3 Statistisches Bundesamt (Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen 2021, Fachserie 18 Reihe 1.5, S.61)