Die Wende zur Elektromobilität in Deutschland ist ins Stocken geraten. Imelda Labbé, Präsidentin des Verbands der Internationalen Kraftfahrzeughersteller sieht die Gründe in mangelnder Ladeinfrastruktur und zu hohen Preisen für Strom und Fahrzeuge. Für das Gelingen der Transformation sei eine langfristige gemeinsame Planung aller Beteiligter nötig.
Frau Labbé, wo steht die Automobilindustrie in Deutschland?
Die Automobilindustrie ist mitten in der Transformation. Wir haben schon viel geschafft sowohl was Konnektivität als auch die Entwicklung von Fahrerassistenzsystemen, also den Weg Richtung autonomem Fahren, angeht. Wir sehen starke Wachstumsraten bei den Elektrofahrzeugzeugen und sehr hohe bei den Plugin-Hybriden. Man muss aber auch dazu sagen, wir sind nicht auf dem Transformationsplan, der von der Europäischen Kommission zur Erreichung der CO₂-Ziele vorgelegt wurde. Solange die Rahmenbedingungen für Elektromobilität nicht passen, kaufen die Kunden nicht genug und deshalb droht natürlich für die Industrie immer noch die Strafkulisse. Dagegen müssen wir ganz dringend was tun.
Welche Rahmenbedingungen sind denn ausschlaggebend?
Im Wesentlichen drei Dinge. Die Menschen haben nach wie vor ein Problem mit der Reichweite. Wir haben viel getan, um Ladeinfrastruktur aufzubauen, aber wir sehen jetzt, dass wir noch nachsteuern müssen. Wir brauchen mehr Schnelllader, insbesondere in ländlichen Gebieten. Dreiviertel aller Gemeinden haben immer noch keinen Schnelllader. Die Strompreise sind massiv zu hoch, das heißt, die Cost-of-Ownership für Elektrofahrzeuge ist zu hoch und wir brauchen auch attraktive Einstiegsangebote. Dafür ist – wie jetzt im Koalitionsvertrag zumindest mal avisiert – eine Förderung von Elektrofahrzeugen erforderlich.
Wen sehen Sie bei der Lösung dieser Probleme in der Pflicht?
Der Lösungsansatz muss ein gemeinsamer von Politik und Industrie sein. Das heißt, wir müssen jetzt alle die, die hier ein Beitrag zu leisten haben, an einen Tisch bringen und gemeinsam einen Fünfjahresplan erstellen. Wir haben im Moment zu viele Ad-hoc-Maßnahmen. Beispiel Förderung: Für einige Jahre aktiv, dann vor Weihnachten kurzfristig gelöscht, dann lange nichts mehr. Jetzt wieder eine Ankündigung, aber Unklarheit, wie viel es sein wird. Das gleiche bei der Ladeinfrastruktur und beim Strompreis. So geht's nicht. Wir müssen alle Beteiligten zusammenbringen – auch die Stadtplanung und die Infrastrukturplanung – und müssen für Deutschland einen richtigen Industriemasterplan machen. Einen Plan, der verlässlich ist und der klar an Ziele gebunden ist, die aufeinander abgestimmt sind. Wenn wir dieses Puzzle zusammensetzen, dann funktioniert's auch.
Welche Perspektive sehen Sie für internationale Automobilhersteller auf dem deutschen Markt?
In den letzten Jahren konnten wir einen sehr kontinuierlichen Wachstumstrend der Internationalen beobachten. Deren Marktanteil liegt jetzt bei 43 Prozent. Ich glaube, 50 Prozent können sie durchaus erreichen. Das Thema Einstiegsmobilität spielt dabei eine zentrale Rolle. Die Menschen wollen bezahlbare Mobilität. Sowohl im Erwerb oder Leasing von Fahrzeugen als auch im Unterhalt und da haben bis dato die internationalen Marken stärker vorgelegt. Gleichzeitig sehen wir aber auch, dass die gesamte Industrie jetzt diesen Trend erkannt hat und bei den Einstiegssegmenten nachlegt. Insofern wird's auch nach vorne spannend bleiben.