Das aktuelle Motto im Transaktionsgeschäft scheint „Qualität vor Quantität“ zu sein und spiegelt die strategische Entscheidung wider, sich auf Entwicklungsprojekte zu konzentrieren, die ein höheres Potenzial, geringeres Risiko oder einen direkteren Einfluss auf die kurzfristige Umsatzgenerierung versprechen. Der überproportionale Anstieg des Transaktionswerts deutet darauf hin, dass Unternehmen bereit sind, einen Aufpreis für die richtigen Investitionsmöglichkeiten zu zahlen – im Einklang mit strategischen Prioritäten wie dem Wettbewerb in vielversprechenden Therapiebereichen, der Sicherung zukünftigen Wachstums und dem Ausgleich von Patentabläufen. Der Erwerb fortgeschrittener Investitionsmöglichkeiten zeigt außerdem, dass Unternehmen versuchen, Unsicherheiten und Risiken zu reduzieren und gleichzeitig die Markteinführungszeit zu beschleunigen.
Portfolios strategisch auf die Zukunft ausrichten
Effektive Investmentstrategien orientieren sich heute an mehreren Leitprinzipien: Umsatzrisiken steuern, Wachstum beschleunigen, wissenschaftliche Fortschritte nutzen und im zunehmend globalisierten Innovationswettlauf wettbewerbsfähig bleiben. Dies führt zu einer Neuausrichtung hin zu diversifizierten, zukunftsorientierten Portfolios, die eine Vielzahl von Faktoren und neue operative Paradigmen berücksichtigen.
Welche Investitionsvarianten stehen dabei im Fokus? Das zunehmende Transaktionsvolumen von Investitionsmöglichkeiten in frühen Entwicklungsphasen, das von 47 Prozent im Jahr 2021 auf 55,9 Prozent im Jahr 2024 gestiegen ist, zeigt einen anhaltenden Appetit auf grundlegende Innovationen.2 Gleichzeitig sorgt die strategische Suche nach langfristig erfolgreichen Investitionsmöglichkeiten dafür, dass die Nachfrage nach Projekten in späten Entwicklungsphasen wieder zunimmt. Dies ist kein Widerspruch: Es verdeutlicht vielmehr den dringenden Bedarf an Produkten, die kurzfristig Umsatzlücken schließen und schnelle Markterfolge liefern können. Dazwischen liegen Investitionsmöglichkeiten in Phase II der klinischen Entwicklung, die ein ausgewogenes Verhältnis von Risikominimierung, Marktreife und Umsatzpotenzial aufweisen. Phase-II-Projekte befinden sich daher im optimalen Bereich des Transaktionswertes und machen regelmäßig mehr als 20 Prozent des jährlichen Gesamtvolumens aus.2 Bei den Therapieformen haben Biologika klassische niedermolekulare Wirkstoffe deutlich überholt, mit fast fünffach höheren Vorauszahlungen. Besonders gefragt sind Antikörper-Wirkstoff-Konjugate (ADCs) und bispezifische Antikörpertherapien. Dagegen ist bei Zell- und Gentherapien ein Rückgang zu beobachten, da Investoren und Partner verstärkt auf etabliertere Therapieformen setzen – ein Ausdruck eines vorsichtigen Vorgehens gegenüber diesen weniger ausgereiften und riskanteren Therapieformen.
Um den drohenden Umsatzlücken durch auslaufende Patente entgegenzuwirken, intensivieren Pharmaunternehmen ihre Aktivitäten in wachstumsstarken Therapiegebieten mit hohem ungedecktem medizinischem Bedarf – etwa in der Immunologie und Entzündungsforschung, Kardiometabolismus, Onkologie sowie Neurowissenschaften. Dabei setzen sie gezielt auf ihre bestehenden Kernkompetenzen.2 Ein rein therapeutischer Fokus reicht jedoch nicht mehr aus. Zunehmend setzen Unternehmen auf neuartige Plattformen, die wissenschaftliche Innovation ermöglichen und gleichzeitig mehrere Entwicklungsmöglichkeiten aus einem einzigen Ansatz eröffnen. Dies gilt insbesondere für viele „Next-Generation“-Therapien, etwa antikörperbasierte Therapien, monoklonale Antikörper (mAbs) oder ADCs, zelluläre Therapien wie CAR-T-Zelltherapie und nukleinsäurebasierte Therapien, zum Beispiel mRNA. Plattformen integrieren häufig Schlüsseltechnologien für Anwendungen wie Gen-Editing (z. B. CRISPR-Cas9 oder TALENs) und Wirkstoffabgabe (z. B. lipid- oder polymerbasierte Nanopartikel). Entlang des gesamten Entwicklungsprozesses gewinnen verschiedene Trends an Bedeutung – darunter Künstliche Intelligenz, in-vivo-basierte Prädiktivmodelle wie „Organs-on-a-Chip“ sowie diagnostische Verfahren wie die „Next-Generation“-Sequenzierung. Diese Technologien tragen dazu bei, Risiken frühzeitig zu reduzieren und ermöglichen es Unternehmen, bereits in frühen Phasen der Entwicklung einer Therapie mit größerer Sicherheit zu investieren.
Zudem richten Unternehmen den Blick auf neue Innovationszentren wie China, das eine schnelle und tiefgreifende Transformation durchlaufen hat.7 Der Anteil globaler Großkonzerne an Transaktionen und Vorauszahlungen mit in China ansässigen Biopharmaunternehmen ist stark gestiegen.8 Gleichzeitig übertrifft die Lizenzvergabe inzwischen den Lizenzerwerb sowohl in Anzahl als auch Volumen.9 Insgesamt hat die Fokussierung auf Therapiegebiete, Plattformtechnologien, Therapieformen und geografische Schwerpunkte stark zugenommen, was parallel die operative Komplexität deutlich erhöht.
Das unterschätzte Risiko: zu viel Innovation
Innovation entsteht häufig in spezialisierten Biotech-Unternehmen. Große Pharmaunternehmen mit umfangreichen Entwicklungs- und Vermarktungskapazitäten arbeiten mit diesen agilen Biotech-Firmen über Lizenzvereinbarungen zusammen, um bahnbrechende Wirkstoffe zu entwickeln. So sind beispielsweise Bristol-Myers Squibb, Novartis und Gilead Sciences führend im Bereich CAR-T-Zelltherapie, während Pfizer, Roche und AstraZeneca an der Spitze der Entwicklung von ADCs stehen und ihre Entwicklungsportfolios kontinuierlich über strategische Partnerschaften und Übernahmen erweitern.
Kleinere Biotech-Firmen sind die entscheidenden Motoren für Innovationen: Sie entwickeln Durchbrüche, die häufig von größeren Unternehmen übernommen oder lizenziert werden. Ihre Flexibilität und Bereitschaft, neue Felder zu erschließen und kalkulierte Risiken einzugehen, sind entscheidend, um die Grenzen der Wissenschaft zu verschieben. Ein oft übersehener Risikofaktor in innovationsgetriebenen Investitionsstrategien besteht jedoch in der möglichen Diskrepanz zwischen hochentwickelter F&E und den praktischen Realitäten von Produktion und Therapieversorgung. Während Unternehmen darin glänzen, Entwicklungsprojekte zur Zulassung zu bringen, haben viele Schwierigkeiten bei effizienter Herstellung und Markteinführung. Dies betrifft vor allem viele innovative Behandlungsformen, die häufig durch ein geringes Volumen, hohe Preise und den Bedarf an spezialisierten Produktionskapazitäten gekennzeichnet sind. Gelingt es nicht, diese Lücke zu schließen, können massive, ungeplante Investitionen in Produktionsinfrastruktur oder komplexe Auslagerungsstrukturen notwendig werden – was letztlich den Patientenzugang und den kommerziellen Erfolg behindert.