
White Paper: Intermodale Logistikkette
Der gewerbliche Transport macht heute 25 bis 30% des Stadtverkehrs aus. Eine Alternative zu aktuellen städtischen Logistiksystemen kann eine Kombination aus leichten bis mittleren Nutzfahrzeugen, Straßenbahnen und Elektro-Lastenrädern sein. Porsche Consulting analysiert in diesem White Paper das Potenzial dieser drei Verkehrsträger zusammen mit einem standardisierten Container als Transportmedium, um nachhaltige, kostensparende und umfassende Transportlösungen bereitzustellen. Porsche Consulting hat diese Publikation im Rahmen eines Beratungsprojekts gemeinsam mit den beteiligten Partnerunternehmen InnoEnergy, ONOMOTION, EurA, Frankfurt University of Applied Sciences, der Hörmann Gruppe und Hermes verfasst.
Intermodale Logistikkette im urbanen Raum
Wie der Einsatz standardisierter Container die „letzte Meile“ optimiert
INSIGHTS
01 | Die innerstädtische Logistik muss neu gedacht werden. Steigendes Frachtaufkommen benötigt intermodale, nachhaltige Wege und Lösungen. Es braucht einen fundamental neuen Ansatz.
02 | Der Containertransport ist eine revolutionäre Methode aus den 1950er-Jahren für den Welthandel. Eine Adaption dieser Methode im urbanen Raum würde zur Realisierung von verkürzten Be- und Entladezeiten sowie einer flexibleren Auslieferungsform auf der „letzten Meile“ führen.
03 | Eine optimale Nutzung bestehender urbaner (Schienen-)Infrastruktur ist elementar und notwendig. Die Transportverlagerung von der Straße auf die Schiene ist ein erster Schritt zum intermodalen Werte- und Systemwandel auf der „letzten Meile“.
04 | Alternative Mobilitätsansätze wie Cargo-Trams und E-Lastenräder reduzieren den Emissionsausstoß (CO2, NOX, Lärm) und mindern das Verkehrsaufkommen auf den Straßen für die „letzte Meile“.
Eine sichere Versorgung von Haushalten, Handels- und Produktionsstandorten sowie die Gewährleistung individueller Mobilität sind die zentralen Herausforderungen einer wachsenden Anzahl von Städten, in denen die Infrastruktur längst an ihre Grenzen stößt. Der Verkehr ist ein Hauptverursacher von Lärm, Feinstaub und des klimaschädlichen Treibhausgases CO2.
Der motorisierte Individualverkehr steigt, während auch der Wirtschaftsverkehr, welcher die Stadt am Leben hält, in den Innenstädten zunimmt. Der gewerbliche Verkehr macht 25 bis 30 Prozent des städtischen Verkehrsaufkommens aus1. Vor allem muss eine zunehmende Anzahl kleinteiliger Sendungsmengen ausgeliefert werden. Innovative Logistikkonzepte werden umso mehr als ein Baustein in dem komplexen Mobilitätsgefüge urbaner Ballungsräume benötigt, die den Verkehr bei effizienter Straßennutzung langfristig reduzieren. Daher rückt der Ruf nach alternativen Transportmöglichkeiten immer mehr in den Fokus aktueller Debatten.
Die Kombination von konventionellen sowie lokal emissionsfreien Lieferfahrzeugen, Trams und E-Lastenrädern in der gesamten Lieferkette hin zur „letzten Meile“ ermöglicht sinnvolle Alternativen für die städtische Logistik. Die drei Transportträger haben im Verbund das Potenzial für eine nachhaltige, kostensparende und flächendeckende Mobilitätslösung. Neben den drei Fahrzeugkonzepten bieten Container dabei als durchgängiges Trägermedium das Potenzial, den Transport auf der „letzten Meile“ weiter zu optimieren. Die Nutzung von standardisierten Containern revolutionierte schon in den 1950er-Jahren den globalen Welthandel. Heute kann ein für die Stadt entwickelter Container die Auslieferung von Gütern im urbanen sowie suburbanen Raum fundamental verändern.
01 | Logistik in der Stadt – Aktuelle Entwicklungen in den Innenstädten
3,65 Milliarden Kurier-, Express- und Paketsendungen wurden 2019 in Deutschland zugestellt. Bis zum Jahr 2024 ist ein Anstieg von rund 4 Prozent jährlich zu erwarten2. Neben dem reinen Wachstum sind weitere Herausforderungen zu bewältigen: CO2-Neutralität ist das Stichwort und soll im Alltag sowie in den Strategien zahlreicher Unternehmen implementiert werden. Dazu werden neue Ansätze im urbanen Raum, alternative Logistikkonzepte und intermodale Transportmöglichkeiten benötigt.
Der Anteil der Stadtbevölkerung wächst: Der UN zufolge werden rund 70 Prozent der Weltbevölkerung bis 2050 in urbanen Gegenden leben3. Zum Vergleich: Heute sind es 55 Prozent, 1950 waren es weniger als ein Drittel. Dieser anhaltende Trend führt zu zunehmender Flächenknappheit und Nutzungskonkurrenzen. Das Straßennetz stößt immer öfter an seine Kapazitätsgrenzen. In Asien ist das Dilemma längst Alltag: In Städten wie Peking, Manila oder Kuala Lumpur gehört Stau zum Stadtbild. Das Problem betrifft aber längst auch die großen Metropolen Europas. Durchschnittlich 46 Stunden standen die Deutschen 2019 im Stau. Das entspricht einem volkswirtschaftlichen Schaden von 2,8 Milliarden Euro4. Zusätzlich wird der Ruf nach einer schadstoffarmen und klimafreundlichen Mobilität immer lauter. Eine leistungsfähige Infrastruktur kann diese Trends nicht alleine auffangen – da sie lediglich ein Bestandteil im Gesamtökosystem ist. Vielmehr sind stadtverträgliche, ressourcen- und infrastrukturschonende Logistikkonzepte und neue Technologien für einen Wandel im innerstädtischen Raum erforderlich. Es gilt, den Spagat zwischen lebenswerten Städten und wirtschaftlicher Warenversorgung zu meistern. Die innerstädtische Logistik kann einen wesentlichen Beitrag zur Verkehrs- und Emissionsreduzierung leisten.
Dabei gibt es nicht den einen allumfassenden Ansatz. Vielmehr bieten unterschiedliche Konzepte langfristige Verbesserungspotenziale. Städte und Kommunen reagieren auf die zunehmende Belastung durch den Auto- und LKW-Verkehr einerseits mit Einschränkungen und Verboten, andererseits aber auch mit neuen Konzepten. Frankreichs Hauptstadt Paris setzt dabei auf die vollständige Verbannung von Dieselfahrzeugen bis zum Jahr 2030 und möchte im Zuge der Olympischen Spiele 2024 die Pläne verfolgen, keine Dieselautos mehr im Stadtgebiet zuzulassen. Daher wurden als erste Maßnahmen autofreie Tage und Zonen im innerstädtischen Ring der City Metropole geschaffen5. Barcelona hat im Zuge einer urbanen Mobilitätsstrategie verschiedene neue Ansätze für urbane Logistik etabliert. Dazu gehörten unter anderem temporäre Ladezonen, urbane Verteildepots, sowie Lieferungen mit alternativen Fahrzeugen6 (z.B. Lastenräder oder elektrische Zwei-/Dreiräder). Für diese Ansätze bedarf es nach wie vor einer Belieferung der urbanen Depots per Last- und Lieferwagen, da zwei- und dreirädrige Lieferfahrzeuge nicht die gesamten Gütermengen von den außerstädtischen Verteilzentren in die Innenstädte transportieren können. Auch nächtliche Lieferungen wurden in Barcelona bereits erprobt7, diese weisen allerdings Limitationen durch Lärmbelästigung auf.
Ungebrochen ist weltweit auch der Trend zu einer steigenden Anzahl an Paketstationen für den Self-Service. Dadurch wird ein Teil der Leistungserbringung einfach an den Endkunden ausgelagert und das Gütervolumen der Logistikdienstleister zumindest auf der „allerletzten Meile“ reduziert.
Alle genannten Konzepte sind sinnvoll und tragen zu einer ganzheitlich optimierten Logistik in Innenstädten bei, jedoch beanspruchen sie weiterhin in hohem Maße die Straßeninfrastruktur. Doch es gibt auch einen ganz anderen Ansatz: Während derzeit ein Großteil der urbanen Transporte über die Straße abgewickelt wird, bleiben andere Infrastrukturen wie die Schiene bislang bei der Lösungsfindung außen vor. Und vergangene Beispiele zeigen, dass die Schiene durchaus Potenzial für eine Transportalternative bietet, insbesondere in Gebieten, die bereits mit Schieneninfrastruktur erschlossen wurden. Die Verlagerung von Fracht auf die Schiene und die dadurch entstehende intermodale Logistikkette ist ein äußerst vielversprechender Ansatz, welcher im Folgenden detailliert beleuchtet wird.
Von entscheidender Bedeutung für eine verbesserte Verkehrssituation und Luftqualität ist, dass sich alle genannten Ansätze nicht gegenseitig ausschließen, sondern ergänzend zueinander wirken können.
COVID-19 bestimmt die Diskussionen unserer Zeit. Die Pandemie stellt das gesellschaftliche Leben und die Resilienz unserer Städte auf eine harte Probe. Während sich internationale Großstädte wie New York City und Tokio einem regelrechten Trend zur Stadtflucht ausgesetzt sahen8,9, scheint dies in Deutschland nicht der Fall zu sein. Es ist davon auszugehen, dass die Pandemie die fortschreitende Urbanisierung temporär ausbremst. Dennoch ist die Anziehungs- und Strahlkraft der Städte mit ihrer Infrastruktur auf den Menschen langfristig vor allem aufgrund des kulturellen und gesellschaftlichen Angebots ungebrochen10. Die zentralen Herausforderungen der Pandemie liegen dagegen im Alltag. Physisches Einkaufen ist nur noch unter gewissen Hygienestandards möglich, ebenso die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs. Umsatzrückgänge im klassischen Einzelhandelsgeschäft sind die Folge, während die Deutsche Bahn und kommunale Verkehrsunternehmen mit Umsatzausfällen in Milliardenhöhe rechnen.
Dagegen hat die Corona-Krise dem Online-Handel einen kräftigen Wachstumsschub beschert. Der Kauf per Mausklick ist gefragt wie nie. Der logistische Aufwand dahinter ist enorm und wird angesichts steigender Nutzungszahlen beim E-Commerce weiter zunehmen.
So haben im Zuge der COVID-19-Pandemie einige Marktsegmente ein signifikantes Wachstum erfahren: Beim Versand von Konsumgütern wurden Zuwächse von 56 Prozent, bei Lebensmittellieferungen in Höhe von 70 Prozent verzeichnet11. Dies bedeutet mit den aktuellen Logistikketten mehr Verkehr und einen höheren Ausstoß von CO2 und NOX im urbanen Raum. Der Wandel zu einer „grünen Logistik“ muss bestehende Infrastruktur einbinden sowie alte als auch neue Mobilitätsangebote intelligent zusammenführen. Im Kontext der „letzten Meile“ bedeutet das explizit die Nutzung von nicht ausgelasteten öffentlichen Verkehrsmitteln sowie der Fahrradinfrastruktur. Fahrräder avancieren seit Jahren zu einem immer beliebteren Verkehrsmittel in Europa und haben im Zuge der Pandemie einen weiteren Aufschwung erlebt. Vielerorts entstehen Pop-Up-Fahrradwege, die auch langfristig als Lösung für urbane Mobilität dienen können. Beim Fokus auf den logistischen Ansatz der „letzten Meile“ wurden während der Pandemie klaffende Lücken in der Logistikkette immer offensichtlicher. So wird momentan weltweit in Städten Autoverkehr limitiert und der Transport per Liefer- oder Lastwagen nur an bestimmten Tageszeiten zugelassen.
03 | Container: Auch eine Logistiklösung für die „letzte Meile“
Der standardisierte Container hat schon einmal den Güterverkehr revolutioniert. So wurde mit Containern der Welthandel auf einen neuen Standard gesetzt. Der US-amerikanische Reeder und Transportunternehmer Malcom McLean gilt als Erfinder des intermodalen Warentransportes. Seine Vision in den 1950er Jahren war es, einen kompatiblen Container zu entwickeln, der auf verschiedene Verkehrsträger passt und somit eine schnellere Güterumschlagsgeschwindigkeit ermöglicht. Dies führte zu einer Senkung der Transportkosten um bis zu 22 Prozent12.
Die aktuelle Entwicklung auf „der letzten Meile“ verlangt ähnlich innovative Lösungsansätze. Durch den Einsatz von intelligenten und variabel einsetzbaren Containern in Kombination mit diversen Verkehrsträgern (Last/Lieferwagen, Tram und E-Lastenräder) können die Herausforderungen im innerstädtischen Güterverkehr kosteneffizienter mit weniger Emissionsausstoß bewältigt und eine spürbare Entlastung der Straßen herbeigeführt werden.
Geschichte des Konzepts Cargo-Tram
2007 war das Jahr für eine revolutionäre Erneuerung der „letzten Meile“ im Logistik- und Transportwesen. Die Stadt Amsterdam versuchte sich mit dem Projekt „CityCargo“ an einem Prototyp, um die „letzten Meile“ zu reformieren. Als Lösungsansatz sollte Fracht auf den öffentlichen Nahverkehr verlagert werden. Dafür wollte man mit dem Konzept die Schieneninfrastruktur nicht nur zum Transport von Personen, sondern auch von Gütern nutzen. Die Straßenbahn für Fracht wurde dazu von der regulären Personenstraßenbahn getrennt betrieben. Für das Pilotprojekt stellte die Betreibergesellschaft Gemeentevervoerbedrijf – kurz GVB – zwei Straßenbahnen zu Verfügung. Im Pilotbetrieb wurden die Trams neu ausgerüstet und an den Endhaltestellen am Stadtrand mit Waren bestückt. Für das Gesamtprojekt war vorgesehen, mehrere Distributionszentren im innerstädtischen Ringgebiet zu errichten, um die transportierten Waren dort zu platzieren und diese dann im nächsten Schritt mit elektrisch angetriebenen Lieferfahrzeugen zum Endkunden zu liefern. Durch finanzielle Engpässe und Komplikationen kam es nicht über eine Umsetzung in den Regelbetrieb. Es hätten neue Trassen und Umschlagspunkte errichtet werden müssen und die Umbaukosten hätten sich auf etwa eine Million Euro pro Trassenkilometer belaufen. Die Gesamtinvestitionen für Straßenbahnen, Infrastruktur, Hauptumschlagsbasis sowie E-Fahrzeuge hätten 70 Millionen Euro13 betragen. Letztendlich scheiterte daran das Projekt. Neben den hohen Kosten kam 2008 die Weltwirtschaftskrise hinzu, die das Kapitel „CityCargo“ endgültig besiegelte.
Neuer Versuch, bessere Voraussetzungen
Die Cargo-Tram erlebt 2021 ein Revival. Dafür wurde ein neues Konzept erarbeitet. So ist die Nutzung von Bestandsinfrastrukturen wie Straßenbahnschienen, Tramzügen und emissionsfreien E-Lastenrädern die Basis für das erneute Vorhaben. Neben Konzepten für die operative Umsetzung ist darüber hinaus ein starkes Partnernetzwerk für eine erfolgreiche Pilotierung vonnöten. Um den vielversprechenden Ansatz der Cargo-Tram ohne die Fehler aus der Vergangenheit wiederaufleben zu lassen, haben die Unternehmen InnoEnergy, ONOMOTION, Hörmann Gruppe, EurA, Hermes, Porsche Consulting sowie die Frankfurt University of Applied Sciences eine Neubewertung vorgenommen und das technische sowie operative Konzept optimiert. Ziel ist es, das Potenzial einer solchen Logistikkette zu verdeutlichen und interessierte Städte bzw. Nahverkehrsbetriebe für ein Pilotprojekt zu begeistern. Die teilnehmenden Unternehmen vereinen zusammen unterschiedlichste Kompetenzen, verteilt entlang der Transportkette und auf verschiedene Wertschöpfungsebenen.
Bei der Umsetzung der gesamten Lieferkette wurden erhebliche Anpassungen vorgenommen. Eine digitale Logistik-Plattform soll die Steuerung und Überwachung der Betriebsprozesse übernehmen. Dabei stehen Aufgaben bei der Einsatz- und Routenoptimierung, der Auslastung von Kapazitäten sowie bei der Distribution im Vordergrund.
Das Projekt soll in einem intermodalen, dreistufigen Ansatz umgesetzt werden.
- 01 | Die Lieferung der Waren vom Depot zum Stadtrand soll mit bestehenden Lastwagenflotten erfolgen. Am Stadtrand soll eine Tramhaltestelle als Beladungspunkt für die Cargo-Tram fungieren. Aufgrund vergleichbarer Frachtkapazitäten von Lastwagen und Cargo-Tram kann eine Umladung unter geringer Flächennutzung stattfinden.
- 02 | Der Warentransport vom Stadtrand in die Bezirke und das Zentrum soll dann direkt per Cargo-Tram vonstattengehen. Diese soll geeignete Ziel-Haltestellen anfahren, wo die Container entladen werden. Durch Vorkommissionierung wird eine schnelle Entladung sichergestellt und der reguläre Personenverkehr nicht beeinträchtigt. Dabei soll insbesondere der Be- und Entladeprozess deutlich effektiver und einfacher werden. Beim damaligen Projekt in Amsterdam wurde die Ware in Form von Stückgut direkt auf einen E-Lastwagen befördert. Das verursachte eine hohe Standzeit und schränkte die Flexibilität erheblich ein. Eine Vereinfachung bietet im neuen Konzept der standardisierte Container, der über die gesamte Transportkette verwendet werden kann. Zusätzlich ermöglicht die Nutzung moderner Track-&-Trace-Kommunikationssysteme eine schnelle Abholung. An den innerstädtischen Haltestellen wären somit nur kleine Pufferflächen notwendig, jeweils in der Größe einiger Container je Haltestelle. Dadurch müssten die Container nicht „just-in-time“ abgeholt werden, sondern könnten vorübergehend zwischengelagert werden. Dies optimiert die Betriebsabläufe der Trams und E-Lastenrädern.
- 03 | Die Auslieferung soll anschließend im Container via E-Lastenrad zu den Endkunden erfolgen. Auf diese Weise nutzt die geplante Logistikkette bestmöglich bestehende Infrastruktur sowie emissionsarme Verkehrsträger. Weiterhin wird die Auslieferung im innerstädtischen Raum durch den Einsatz von E-Lastenrädern beschleunigt. Die Vorteile: Sie sind nicht ausschließlich an die Straße gebunden und vermeiden somit Stausituationen. Zudem sind die Parkmöglichkeiten in den Hauptstraßen und angrenzenden Wohn- und Industriegebieten besser.
Betriebsmodell der Cargo-Tram
Beim Einsatz der Cargo-Tram wurden für die bestmögliche Lösung mehrere Szenarien gegenübergestellt. Die Dimensionen Flexibilität, Nutzungsvolumen und Zeit geben hierbei den Ausschlag für eine rein logistisch- und frachtorientierte Cargo-Tram im Betriebsmodell „Single Use“.

05 | Produktkomponenten und -anforderungen
Eine End-to-End-Lösung besteht aus verschiedenen Komponenten. Die vier wichtigsten Bestandteile sind ein Verteilzentrum, die Cargo-Tram – eine umgebaute Straßenbahn aus dem öffentlichen Nahverkehr – sowie das E-Lastenrad von ONOMOTION (inkl. Container) und eine übergreifende digitale Plattform.
- 01 | Verteilzentrum
Für eine intermodale Logistikkette sind nur geringfügige Prozessanpassungen in Verteilzentren vonnöten. Die Ware muss lediglich in die Container gepackt und ausgeleitet werden, um sie im nächsten Schritt mit einem Liefer- oder Lastwagen zum Umschlagpunkt der Cargo-Tram zu bringen und dort bereitzustellen. Um die Weiterleitung von Sendungen und Paketen zu gewährleisten, sollte die geografische Nähe des Verteilzentrums zum Stadtrand gegeben sein, idealerweise zu einer vom Umland über Straßen gut erreichbaren Tram-Endhaltestelle. - 02 | Cargo-Tram
Unter dem Leitbild der Nachhaltigkeit soll im vorliegenden Konzept eine generalüberholte Straßenbahn des Typ R von Siemens/Duewag genutzt werden. Hier können 23 Container der Firma ONOMOTION untergebracht werden. Um ein schnelleres Be- und Entladen zu gewährleisten, sind integrierte Rollsysteme im Fußraum der Tram sowie sechs Rolltore vorgesehen. Bei der Nachrüstung werden auch die Türöffnungen so angepasst, dass die vorkommissionierten Container sich durch die Türöffnung be- und entladen lassen. Des Weiteren ist das Interieur durch neue Beleuchtungen und einen Deckenausbau zu erweitern. Beim Exterieur sollte eine neue Lackierung und Verdunkelung der vorhandenen Fenster erfolgen. An der Dachkonstruktion müssen einzelne Komponenten angepasst oder entfernt werden, um die notwendige Deckenhöhe für den Container zu gewährleisten.

03 | E-Lastenrad (ONO PAT) und Container
Das ONO PAT (pedal-assisted transporter) bietet einen vollumfänglichen Witterungsschutz für Fahrer und Ware und ist im Betrieb emissionsfrei. Es kombiniert die Flexibilität und Leichtigkeit eines Fahrrads mit der Haltbarkeit, Zuverlässigkeit und Kapazität eines kleinen Lieferwagens. Mit dem geringen Platzbedarf entlastet es die Straßeninfrastruktur. Integrierte Laderampen, ein einfaches Batteriewechselsystem und Komponenten auf Qualitätsniveau der Automobilindustrie sind weitere Kerneigenschaften des Produkts. Darüber hinaus zeichnet sich das Fahrzeug durch eine modulare Plattformbasis aus. Hierbei können Cargo-Einheiten leicht gegen andere ausgetauscht werden. Es handelt sich um ein einzigartiges Schnellwechselsystem, welches den Nutzen des ONO PAT in einer Vielzahl von Anwendungen sicherstellt.Die ONO Cargo Einheit ist eine standardisierte, modulare Konstruktion mit der Breite einer EU-Palette, einem Fassungsvermögen von zwei Kubikmetern und einem integriertem GSM-Verfolgungsmodul zur kontinuierlichen Nachverfolgung des Standortes. Das Interieur ist individuell anpassbar und kann variabel genutzt werden. Während der Container auf dem Fahrzeug steht, lässt sich dieser mittels Fernzugriff öffnen. Außerdem ist ein RFID-Schließsystem mit eigener Stromversorgung installiert. Integriert sind eine Beleuchtung und eine sogenannte Totmannbremse, die dafür sorgt, dass der Container sicher und ohne Risiko für Fahrer und Passanten beim Be- und Entladen fixiert ist. Durch die ebenerdige Zuladungsmöglichkeit und zwei großen Türen hinten sowie an der Seite ergibt sich eine benutzerfreundliche Handhabung. Durch die beweglichen Rollen wird weitreichende Flexibilität beim Ausliefern gewährleistet. Durch leichte Anpassungen des Standard-Containers (z.B. eine geringfügige Anpassung der Höhe bzw. Dachlinie) kann das Gesamtsystem aus Cargo-Tram und Container im Hinblick auf Funktionalität und Crash-
sicherheit optimiert werden.

- 04 | Digitale Logistikplattform
Ein übergreifender Baustein erschließt sich über die gesamte dreistufige Lieferkette. So dient eine digitale Logistik-Plattform, als wesentlicher „Enabler“ für eine erfolgreiche Implementierung. Im Gegensatz zu bisherigen Cargo-Tram-Projekten liegt hier ein wesentliches Differenzierungsmerkmal. Mit einer Plattform, welche als neutrale Instanz die Orchestrierung der beteiligten Gewerke vornimmt und beteiligten Partnern die Möglichkeit gibt, durch Systemschnittstellen Betriebsdaten ein- bzw. auszusteuern, wird nicht nur die Transparenz gesteigert, sondern auch die Möglichkeit für eine Optimierung der Betriebsprozesse geschaffen. Das Tracking der Güter ist eine der Kernaufgaben dieser Plattform und hat einen großen Mehrwert für die Betreiber und Nutzer, zum Beispiel in Form von Analysemöglichkeiten oder in einer transparenten Abrechnung von Dienstleistungen. Auch die Nachverfolgung von Warenbewegungen wird somit ermöglicht, was nicht nur für den Sendungsempfänger die Transparenz steigert, sondern auch im laufenden Betrieb Vorteile bringt (z.B. bei der Sicherstellung der Kühlkette für bestimmte Produkte). Ferner können die gewonnenen Daten die Basis für neue Geschäftsmodelle sein, beispielsweise Analysen bezüglich Verkehr, CO2-Ausstoß und Feinstaubbelastung. Die wesentlichen Kompetenzen für eine solche digitale Abbildung der Lieferkette sind bei den Beteiligten dieser Konzeptstudie (insb. Hörmann Digital, Hermes und ONO) vorhanden und berücksichtigt worden.
Das Frachtvolumen in Großstädten ist immens und die Machbarkeit von alternativen Logistikkonzepten hängt mit den geografischen und güterspezifischen Gegebenheiten zusammen. Bisherige Studien haben gezeigt, dass in den innerstädtischen Lagen signifikante Lieferkapazitäten über eine intermodale Logistikkette aus Cargo-Tram und E-Lastenrädern abgedeckt werden können.13 Insbesondere der KEP14-Sektor, die Belieferung von stationären Einzelhändlern sowie die Lebensmittel-Endkundenlogistik (E-Grocery) sind naheliegende Anwendungsfälle. Am Beispiel einer Stadt wie Frankfurt am Main lässt sich das lieferbare Frachtvolumen quantifizieren: Von insgesamt 41.00015 täglichen Paketlieferungen fallen etwas mehr als 14.50015 in geografisch geeigneten Gebieten an. Hier begünstigen das vorhandene Straßenbahnnetz und geeignete Tram-Haltestellen den Einsatz von Cargo-Trams und E-Lastenrädern. Generell sind allerdings Limitationen bei Großsendungen durch die begrenzte Volumen- und Gewichtskapazität des Containers bzw. des E-Lastenrads zu beachten. Zieht man dies in Betracht, so lassen sich im Industriedurchschnitt 80 Prozent15 der rund 14.500 innerstädtischen Pakete per Cargo-Tram und E-Lastenrad ausliefern. Es ist dabei jedoch zu bedenken, dass dieser Anteil des Sperrguts je Logistikdienstleister individuell ist und variieren kann. In der Frankfurter Innenstadt entspräche ein Anteil von 80 Prozent intermodal transportierbarer Güter etwa 11.600 Lieferungen. Rechnerisch müssten damit 20 Prozent oder 2.900 Lieferungen auf dem traditionellen Wege transportiert werden. Für die weitere Bewertung der intermodalen Logistikkette im Vergleich zum einstufigen Pendant sowie für die Quantifizierung von Kosten und CO2-Emissionen wird das Frankfurter Beispiel betrachtet. Hierfür wird nur der theoretisch erschließbare Anteil von 14.500 Paketen als Betrachtungsumfang herangezogen.

Zwei Szenarien im Vergleich
Klassische Liefermethode gegenüber Intermodaler Lösung
(Kombination: Liefer- bzw. Lastwagen – Cargo-Tram – E-Lastenrad)
Im Folgenden wird der klassische Transportweg in der Stadt vom Depot zum Zielort via Lieferwagen (Szenario A: einstufige Logistikkette) mit der intermodalen Logistikkette bestehend aus Liefer- bzw. Lastwagen, Cargo-Tram und E-Lastenrad (Szenario B: hybride Logistikkette) verglichen. Letzteres Szenario wird als hybrides Szenario bezeichnet, da aufgrund von Größen- und Gewichtslimitation ein Restanteil per konventionellem Weg berücksichtigt und mit eingerechnet werden muss. Für beide Szenarien wurden detaillierte Analysen hinsichtlich Kosten und CO2-Emissionen durchgeführt.
Es ist zu berücksichtigen, dass für diese Bewertung ein eingeschwungener Zustand mit entsprechender Auslastung und daraus resultierenden Skaleneffekten berücksichtigt wurde. Das heißt, dass für beide Szenarien das gesamte innerstädtische Gütervolumen in Höhe von 14.500 Lieferungen abgebildet wurde. Es ist insgesamt festzustellen, dass sich neue Logistikkonzepte wie das beschriebene Cargo-Tram Szenario, aber auch aktuelle Mikro-Depot Pilotprojekte von Städten und Logistikdienstleistern nicht nur nach ökologischen, sondern auch nach wirtschaftlichen Maßstäben gegen den noch immer relativ günstigen Straßentransport per Diesel-Lieferwagen behaupten müssen. Dies stellt gerade in Markthochlauf-Phasen mit geringen Stückzahlen eine immense Herausforderung dar. Dem intensiven Kostendruck in der Logistikbranche kann nur durch eine Skalierung Sorge getragen werden, um den intensiven Material- und Personaleinsatz einer intermodalen Logistikkette wirtschaftlich und effizient zu gestalten.

Szenario A
Einstufige Logistikkette
Bei der Betrachtung des einstufigen Szenarios wird die Lieferkette vom außerstädtischen Depot zum innerstädtischen Zielort mit einem Verkehrsträger abgedeckt. Dies entspricht in den meisten Städten dem Status Quo im Kontext urbaner Logistik. Hierbei wird im Normalfall ein Last- oder Lieferwagen eingesetzt. In diesem Szenario wird angenommen, dass 100 Prozent der Güter im innerstädtischen Raum durch einen konventionell angetriebenen Lieferwagen auf der "letzten Meile" ausgeliefert werden. Briefsendungen sind nicht Teil des Betrachtungsumfangs. Eine solche Logistikkette verursacht bei einer Menge von 14.500 Paketen unter den aktuellen wirtschaftlichen und technischen Rahmenbedingungen CO2 -Emissionen in Höhe von 3,1 Tonnen17 und Kosten in Höhe von 30,59 Euro pro Kubikmeter. Mit einem Anteil von ca. zwei Dritteln entfällt dabei der Großteil der Kosten auf den Fahrer. Ein Faktor, der hierauf Einfluss hat, ist die Parksituation, die für Lieferanten in diesem Szenario ein wesentlicher Nachteil ist. Das Parken in zweiter Reihe ist heutzutage gang und gäbe – vor allem zum Ärgernis von Anrainern und anderen Verkehrsteilnehmern. In der Berechnung wurden Zeiten für die Parkplatzsuche, das Parken und Rangieren sowie das Zurücklegen der Wegstrecke vom Fahrzeug zur Haustür und zurück berücksichtigt.
Bezüglich der CO2-Bilanz ist anzumerken, dass diese in dem Szenario durch die Nutzung von elektrisch angetriebenen Fahrzeugen noch deutlich optimiert werden kann, jedoch wird der Straßenverkehr durch eine solche Logistikkette auch bei einer Verwendung von elektrisch betriebenen Fahrzeugen nicht entlastet.
Positiv hervorzuheben ist, dass der einstufige Logistikweg in jeder Stadt umsetzbar ist, da er nicht an eine Schieneninfrastruktur gebunden ist. Ferner gibt es in diesem Szenario auf langfristige Sicht noch Optimierungspotenziale durch das automatisierte Fahren.
Szenario B
Hybride Logistikkette
Bei diesem Szenario wird angenommen, dass von den 14.500 Lieferungen im innerstädtischen Raum 80 Prozent in einer dreistufigen Logistikkette aus Lkw, Cargo-Tram und E-Lastenrad geliefert werden (11.600 Lieferungen). Die restlichen 20 Prozent (2.900 Lieferungen) werden aufgrund von Größe und Gewicht auf dem traditionellen Weg analog dem einstufigen Szenario zugestellt. Für das Szenario B wurde eigens eine Simulation der Warenströme und Verkehrsmittel vorgenommen. Hierbei unterzogen die Experten das System im Rahmen einer Sensitivitätsanalyse einem Stresstest, indem die Paketmenge um 60 Prozent erhöht wurde, um Lastspitzen wie z.B. in der Vorweihnachtszeit abzubilden (siehe Abb. 7). Aus der Simulation geht hervor, dass das Gesamtsystem robust genug ist, um auch Spitzen unter Zuhilfenahme von Überstunden bzw. Zusatzpersonal sowie einer gesteigerten Anzahl an E-Lastenrädern abzufedern.

Der große Vorteil dieses Szenarios liegt neben Verkehrsentlastung auf den Straßen in der Minderung der CO2-Emissionen. Für die beispielhafte Menge von 14.500 Paketen im innerstädtischen Raum verursacht dieses Szenario lediglich Szenario lediglich 1,1 Tonnen CO218 entlang der Lieferkette. Das entspricht im Vergleich zum einstufigen Szenario einer Einsparung von ca. 64 Prozent. Gleichzeitig ist dieses Szenario mit 27,62 Euro pro Kubikmeter geringfügig kostengünstiger als der Status Quo (Szenario A). Da Kosten für weniger Lieferwagen und damit geringere Park- und Wartezeiten anfallen, können die Zusatzkosten durch Betriebsprozesse für Cargo-Tram und E-Lastenräder kompensiert werden. Hierbei sind bereits Flächenmieten für die Zwischenlagerung an Tramhaltestellen, Mieten und Betriebskosten für Mikro-Depots als Operationsbasis der E-Lastenräder, sowie je Tram die Personalkosten für eine zusätzliche Arbeitskraft für das Be- und Entladen eingerechnet worden. Insgesamt erfüllt das Szenario somit nicht nur ökologische und verkehrspolitische Anreize, sondern bietet auch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, um die Logistikkette im urbanen Raum mittelfristig zu revolutionieren. Weiterhin sind zusätzliche Optimierungen denkbar, wie beispielsweise eine Zulieferung mit elektrischen Last- bzw. Lieferwagen oder eine direkte Anbindung von Verteilzentren an das Schienennetz.
Dieses prägnante Zitat Albert Einsteins spiegelt den Ansatz der intermodalen Logistikkette mehr denn je wider.
Es sind die Vorzeichen einer neuen Ära: Städte wie Paris und Barcelona haben einen Wandel in Bezug auf nachhaltige und sozialverträgliche Mobilität angestoßen. Die Metropolen sind ein positives Beispiel für eine alternative Infrastrukturnutzung, beispielsweise durch den Ausbau der Fahrradinfrastruktur oder eine strikte Reduzierung von PKW- und LKW-Zufahrten in innerstädtischen Räumen.
Nun braucht es auch bei der Logistik auf der „letzten Meile" disruptive Ansätze, um dem steigenden Frachtaufkommen gerecht zu werden. Dass die Verteilung des Güterverkehrs auf mehrere Verkehrsträger Potenziale mit sich bringt, macht der Welthandel seit Jahrzehnten vor. Ermöglicht und beschleunigt wird das durch die Nutzung standardisierter Container. Dieser ist auch ein wesentlicher Stellhebel für die Zukunft innerstädtischer Logistik. Angesichts der stetig zunehmenden Nachfrage nach individuellen und möglichst schnellen Zustelloptionen wie Same Day Delivery und der damit einhergehenden Paketflut mehren sich die Probleme und die Grenzen scheinen zusehends ausgereizt zu sein.
Für eine zukunftsfähige Logistik gibt es zahlreiche Möglichkeiten. Abhängig von den regionalen Gegebenheiten sind Abholstationen für den Self-Service oder eine flächendeckende innerstädtische Versorgung aus Mikro-Depots denkbar. Um allerdings das Verkehrsaufkommen und Emissionen nachhaltig zu senken, kommt primär eine intermodale Logistikkette aus Last-/Lieferwagen, Cargo-Tram und E-Lastenrad in Betracht. Zur Bewertung wurde die heute übliche Logistikkette per Lieferwagen (Szenario A: Einstufige Logistikkette) mit dem beschriebenen dreistufigen Weg (Szenario B: Hybride Logistikkette) verglichen. Während Szenario A überall umsetzbar ist und im Status Quo durch eingespielte Abläufe in seinem Betrieb weitestgehend optimiert ist, hat es einige Limitationen. Das damit verbundene Verkehrsaufkommen, die beträchtlichen CO2-Emissionen und eine zusätzliche Verschärfung der Parksituation sprechen nicht für dieses Szenario. Auch wenn es für diesen klassischen Logistikweg auf der letzten Meile insbesondere durch alternative Antriebe noch Optimierungspotenziale gibt, ist die Skalierbarkeit begrenzt. Insgesamt bleibt Szenario A ein Ansatz, den es auch zukünftig geben wird, der aber nicht allein das anfallende Gütervolumen im urbanen Raum stemmen wird.
Szenario B scheint daher für die mittel- und langfristige Betrachtung eine ergänzende Lösung für die Zukunft zu sein. Die intermodale Logistikkette aus Last-/Lieferwagen, Cargo-Tram und E-Lastenrad bringt enormes Potenzial mit sich. Technisch ist dies zweifelsfrei möglich und stellt Hersteller und Betreiber vor lösbare Aufgaben. Entsprechende technische Konzepte wurden bereits erarbeitet und bewertet.
Auch wirtschaftliche, ökologische und verkehrspolitische Gesichtspunkte bestätigen die Umsetzbarkeit. Die Prognose erwartet geringere CO2-Emissionswerte und eine effektive Entlastung der Straßen bei gleichzeitiger Kostenneutralität – alles Argumente für die Nutzung eines dreistufigen Transportmodells auf der „letzten Meile". Anhand einer dynamischen Simulation wurden bereits erste Nutzungsszenarien abgebildet und unterschiedliche Belastungsfälle modelliert. So wurde beispielsweise die Leistungsfähigkeit auch bei saisonalen Spitzen wie der Vorweihnachtszeit per Simulation bestätigt. Weitere Optimierungen sind mittelfristig denkbar. So ist Zulieferung vom Depot zum Cargo-Tram mit elektrischen Lastwagen eine naheliegende und leicht realisierbare Maßnahme, die weitere CO2-Einsparpotenziale birgt.
Nichtsdestotrotz gibt es für die Umsetzung eines solchen Szenarios noch Herausforderungen zu bewältigen. Neben dem Initialaufwand für die Etablierung einer solchen intermodalen Logistikkette, ist eine Skalierung ein maßgeblicher Erfolgsfaktor um die beschriebenen Kostenvorteile zu realisieren. Angesichts aktueller Entwicklungen scheint dies in einem mittelfristigen Zeithorizont realisierbar. So ist einerseits der politische Wille erkennbar vorhanden,19 andererseits ist mit stärkeren Regulierungen für den Straßenverkehr zu rechnen, was einer intermodalen Logistikkette weiteren Rückenwind verleihen würde. Die wichtigste Voraussetzung dafür ist jedoch das Engagement der Städte und der öffentlichen Nahverkehrsbetriebe, da die Infrastruktur maßgeblich in deren Verantwortungsbereich liegt.
Hinsichtlich Entlastung der Infrastruktur ist die Schiene mehr denn je gefragt. Ein Konzept wie die Cargo-Tram kann mittels der Nutzung von Containern in naher Zukunft auch adaptierbar für S- und U-Bahnen sowie den regionalen und überregionalen Bahnverkehr sein. So wäre es auch denkbar, Logistik-Hubs wie Flughäfen oder Güterverteilzentren direkt per Schiene anzubinden. Städte und Kommunen müssen jetzt handeln, um mittelfristig von dieser praktikablen Lösung für eine „grüne Logistik“ zu profitieren und den Verkehrskollaps abzuwehren. Ein Pilotprojekt zur Demonstration der Machbarkeit, Erprobung und Plausibilisierung der Wirtschaftlichkeit ist der nächste logische Schritt auf dem Weg in eine verkehrsoptimierte und nachhaltigere Zukunft.
Appendix
(1) Innenstadtlogistik mit Zukunft, Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart, 2012
(2) KEP-Studie 2020 – Analyse des Marktes in Deutschland, Bundesverbandes Paket und Expresslogistik e. V. (BIEK), 2020
(3) World Urbanization Prospects: the 2018 Revision, Vereinte Nationen, 2018
(4) Global Traffic Scorecard, INRIX Research, 2020
(6) Urban Mobility Plan of Barcelona 2013–2018, Ajuntament de Barcelona, 2014
(7) Smart choices for cities Making urban freight logistics more sustainable, Civitas, 2020
(8) https://www.tagesschau.de/ausland/coronakrise-new-york-flucht-101.html
(9) https://www.dw.com/de/coronavirus-japaner-zieht-es-aufs-land/a-53889746
(10) S. Siedentopp, R. Zimmer-Hegmann: Covid-19 und die Zukunft der Städte; aus ILS-Impulse 01/20; Institut für Landes- und Stadtentwicklung, Dortmund, 2020
(11) https://www.innoenergy.com/last-mile-urban-transport/
(12) A. Cosar, B. Demir: Shipping inside the Box: Containerization and Trade, ERIA Discussion Paper Series, 2017
(13) Schocke et al: LastMileTram – Empirische Forschung zum Einsatz einer Güterstraßenbahn am Beispiel Frankfurt am Main; Frankfurt University of Applied Sciences, 2019
(14) Kurier, Express, Paket
(15) Experteninterview mit Frankfurt University of Applied Sciences, 2021
(16) Experteninterview mit Frankfurt University of Applied Sciences, 2021
(17) CO2-Bilanz in der tank-to-wheel Betrachtung
(18) CO2-Bilanz in der tank-to-wheel Betrachtung
(19) https://www.zeit.de/news/2020-02/15/naechtliche-paketauslieferung-per-u-bahn